BVP Newsletter 10-2016


Sehr verehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

Ruhige Geduld und beharrliche Argumentation bei den Versicherern als auch die zur Beratung der neuen GOÄ vorgetragenen Fakten finden manchmal ihren positiven Widerhall in Äußerungen unserer offiziellen Standesvertreter. So war ich äußerst positiv erstaunt, als ich im aktuellen Deutschen Ärzteblatt Heft 24 fast wörtlich eine unsere rechtliche wie medizinische  Sicht übernehmende offizielle Verlautbarung zur Abrechnung der endovenösen Radiofrequenzobliteration der Stammvenen vorfand. Der die Analogabrechnung kommentierende Kollege Dr. Gorlas gehört zum offiziellen Beratungsteam der KVNO für Analogabrechnungen und ist auch in die Vorbereitungen der GOÄneu involviert gewesen. Hier der Text:

Ratgeber: Abrechnung der endovenösen Radiofrequenzobliteration der Stammvenen

Dtsch Arztebl 2016; 113(24): A-1169 / B-980 / C-964
Gorlas, Stefan

Wird bei einem Patienten mit einer einseitigen Stammvarikosis der Vena saphena magna eine endovenöse Radiofrequenzobliteration der Vena saphena magna von der Leiste bis zum distalen Insuffizienzpunkt mit Ausschaltung mehrerer Seitenäste vorgenommen, ist diese Leistung mit einem Analogansatz der Nrn. 2883 GOÄ (Originäre Leistungslegende: „Crossektomie der Vena saphena magna oder parva und Exstirpation mehrerer Seitenäste“) und 2881 GOÄ (Originäre Leistungslegende: „Varizenexhairese, einseitig“) berechnungsfähig. Werden zusätzlich Venae perforantes unterbrochen, kann anstelle der Nr. 2881 GOÄ die Nr. 2882 GOÄ analog (Originäre Leistungslegende: „Varizenexhairese mit Unterbrechung der Vv. perforantes, einseitig“) abgerechnet werden.

Einige Kostenträger vertreten hierzu die Auffassung, dass eine Crossektomie mittels Leistenschnitt gemäß der Leistungslegende der Nr. 2883 GOÄ nicht durchgeführt wird und damit diese Gebührennummer, auch im Analogansatz, nicht berechnungsfähig sei.

Es ist zutreffend, dass die Radiofrequenzobliteration zwar nahe der Crosse in der Vena saphena beginnt und dann bis zum distalen Insuffizienzpunkt fortgeführt wird, eine Crossektomie jedoch formal nicht erfolgt. Allerdings handelt es sich in unserem Beispielfall auch nicht um einen konventionellen, sondern um einen analogen Ansatz der Nr. 2883 GOÄ.

Gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ kann ein solcher Analogansatz für nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommene Leistungen entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses erfolgen. Die GOÄ fordert somit bei einem Analogansatz keine gleichartige Leistung, was auch nicht möglich ist, da bei einer gleichartigen Leistung kein Analogansatz nötig und möglich wäre, sondern eine gemäß den vorgenannten drei Kriterien gleichwertige Leistung.

Eine derartige Gleichwertigkeit einer offenen chirurgischen Crossektomie der Vena saphena magna inklusive deren Exhairese bis zum distalen Insuffizienzpunkt und einer endovenösen Radiofrequenzobliteration dieses Gefäßes von der Leiste bis zum distalen Insuffizienzpunkt ist aber nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gegeben.

Damit besteht jetzt eine offizielle Empfehlung der BÄK zur analogen Abrechnung dieses Verfahrens!

Welche Neuigkeiten gibt es sonst zur GOÄ?

Nach dem ja fast erfolglosen Einspruch gegen die geheimnisvolle Entwicklung der neuen GOÄ auf dem Sonderärztetag hat ja der Deutsche Ärztetag doch insoweit Erfolg, als jetzt die neue Gebührenordnung mit den Fachgruppen und Verbänden diskutiert werden wird. Damit ist aber ein Beschluss der neuen GOÄ noch in dieser Legislaturperiode noch unwahrscheinlicher geworden. Allerdings sollten wir uns nicht zu früh freuen: eine Bereitschaft des BMG zur Diskussion des Paragraphenteils der GOÄneu mit der Ärzteschaft ist bisher weiter nicht erkennbar. Dort besteht aber unverändert die Problematik der weitgehenden Einschränkung von Abrechnungssteigerungen als auch die politisch unklare Einflußmöglichkeit eines paritätisch besetzten Gebührenausschusses.

Seit knapp 3 Wochen sind die Berufsverbände immerhin im Besitz aller Legenden der neuen GOÄ. Interessanterweise mit dem Vermerk versehen: „Texte in Abstimmung mit dem BMG“. Gebührenwerte sind allerdings bisher nicht vermerkt!

Das neue Werk umfasst mehr als 900 Seiten und ich bin dabei, einen Überblick über die phlebologisch/angiolgisch interessanten Ziffern zusammenzustellen und auch für die Besprechung bei der BÄK zu kommentieren. Die akribische Durchsicht fast jeder Seite ist notwendig, weil sich doch manches sehr verstreut findet – so taucht z.B. die endovenöse Lasertherapie in 2 verschiedenen Kapiteln auf, davon einmal plötzlich gleich gesetzt mit der Katheter gesteuerten Schaumsklerosierung.  Zwei Besprechungstermine sind in der BÄK vorgesehen.

Auch auf der Sitzung der konzertierten Aktion der Berufsverbände bei der KBV war die GOÄ Reform ein Thema, weil man befürchtet, dass die finanzielle Kompensation der Kassenpraxen durch Privatpatienten kaum mehr möglich ist. Der KBV Vorsitzende Dr.Gassen kommentierte die Forderung der PKV nach einem Honorarminus von 25% für die Ärzte als „absurd“. Nach 20 Jahren fehlendem Inflationsausgleich könne die Forderung der BÄK nur eine deutliche Honorarsteigerung voraussetzen.

Sorge bereitet der KBV die UN-Resolution und Forderung nach sogenannten Barriere freien und Behinderten gerechten Praxen. Man habe schätzen lassen, dass die Umbaukosten der Praxen 60.000 – 150.000 Euro kosten würden. Dies sei in den Praxen bei den jetzigen Honoraren nicht realisierbar.

Bezüglich der EBM Erneuerung werden derzeit weiterhin rechnerische Sandkastenspiele und Claim-Absteckungen zwischen der KBV und GKV gespielt. Richtig vorwärts geht es dabei nicht.

Ich wünsche den ersten in den Urlaub gehenden Kolleginnen und Kollegen eine gute Erholung.

Mit den besten Grüßen an alle Anderen

Ihr


     Dr.med Horst-E. Gerlach